Was sind Ursachen von Colitis ulcerosa und welche Risikofaktoren gibt es?

Über die genauen Auslöser der entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ist sich die Wissenschaft noch nicht endgültig im Klaren. Fest steht, dass Ernährung, Infekte, familiäre Vererbung, verschiedene Umwelteinflüsse und ein irritiertes Immunsystem eine Rolle spielen. Ebenfalls ist gesichert, dass Colitis ulcerosa keine ausschließliche Erbkrankheit ist, und auch keine psychosomatische Erkrankung. Der Zustand der Psyche ist allerdings beteiligt und beeinflusst die Häufigkeit und Intensität der auftretenden Krankheitsschübe.

Es ist bewiesen, dass eine Genmutation an der Entstehung von Colitis ulcerosa mitbeteiligt ist. In den letzten 15 Jahren gelang es, über 200 Genmutationen zu identifizieren, welche eine Rolle bei der Entstehung chronisch entzündlicher Erkrankungen spielen, zu denen Colitis ulcerosa sowie Morbus Crohn gehören.

Die Risikofaktoren für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED)

Risikofaktoren als Colitis ulcerosa-Auslöser sind derzeit nur wenige bekannt. Es erkranken ungefähr gleich viele Frauen wie Männer. Personen mit weißer Hautfarbe erkranken allerdings rund vier Mal häufiger als Farbige, zudem tritt die Erkrankung in den westlichen Industriestaaten wesentlich häufiger auf. Ebenfalls ist festzuhalten, dass mehr Stadtbewohner von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen betroffen sind als Bewohner auf dem Land.

Daraus lässt sich ableiten, dass Hygienestandards aber auch Ernährung und Lebensstil offenbar eine Rolle bei dem multifaktoriellen Geschehen spielen, das zur Erkrankung an Colitis ulcerosa führt. Der Konsum von Genussmitteln wie Alkohol und Tabak wirkt sich negativ auf den Verlauf der Erkrankung aus. Dass er auch deren Entstehung beeinflusst, konnte bis dato nicht belegt werden.

Irritiertes Immunsystem als Colitis ulcerosa Auslöser

Unser Immunsystem hat die Aufgabe, uns vor Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten zu schützen, welche uns krankmachen können. Damit es diese wichtige Funktion erfüllen kann, braucht es Training und auch Kontakt zu den entsprechenden Erregern, und zwar im Kindesalter. Hat das Immunsystem wenig zu tun, kann es passieren, dass es seine Abwehr gegen körpereigene Zellen zu richten beginnt oder dem eigenen Körper Schaden durch eine Überreaktion zufügt. Übertriebene Hygiene könnte in der Entstehung von Autoimmunerkrankungen, zu denen die Colitis ulcerosa zählt, eine Rolle spielen. Aus diesem Grund sollte man vor allem im Umgang mit Kleinkindern zwar Hygienestandards einhalten, aber man sollte nicht zu übertriebenen Hygienemaßnahmen wie dem Anwenden von Desinfektionsmitteln im Haushalt und bei der Wäsche etc. greifen.


Colitis ulcerosa - eine in der Familie vererbte Erkrankung?

Leiden die Geschwister an Colitis ulcerosa, so ist das Risiko erhöht, ebenfalls zu erkranken. Genau genommen spricht man von einem Prozentsatz zwischen 10 und 50 % bei einem erkrankten Geschwisterteil, bei eineiigen Zwillingen liegt der Prozentsatz bei 50 bis 60 %. Die Vererbung der Krankheit von Elternteilen auf ihre Kinder ist wesentlich seltener, man geht von ungefähr 5 % aus. Damit die Erkrankung ausbricht, braucht es das Zusammenspiel von mehreren Faktoren, deshalb wird Colitis ulcerosa auch nicht als Erbkrankheit eingestuft. 

Wie man inzwischen weiß, ist bei Morbus Crohn der Einfluss der Genetik allerdings um einiges höher. Colitis ulcerosa ist nicht ansteckbar.


Umwelteinflüsse und Infekte als mögliche Ursachen für CED-Erkrankungen

Dass ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Colitis ulcerosa und einer bestimmten Ernährungsweise besteht, ließ sich bisher nicht nachweisen. Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen dürften aber dennoch einen Einfluss haben, da sie ebenfalls die Darmflora beeinflussen. Wer an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leidet, sollte also die Allergene kennen, mit welchen sein Körper zu kämpfen hat, und sie entsprechend meiden.

Verschiedenen Erregern wurde ein Zusammenhang mit der Entstehung von Erkrankungen wie Colitis ulcerosa nachgesagt. Aber Listerien, E. coli-Bakterien, verschiedene Pilze, Viruserkrankungen wie die Masern stehen ebenso auf dieser Liste.

Als Faktor diskutiert werden zudem Impfschäden sowie Nebenwirkungen von Amalgam, Chrom, Quecksilber und Wismut, wofür es aber bislang keine wissenschaftlichen Beweise gibt.

Die Pille im Fokus - kann sie die Ursache für die Erkrankung sein?

An der Harvard Medical School wurde anhand von mehreren Studien ein Zusammenhang zwischen Einnahme der Pille und der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen nachgewiesen. Die Zufuhr künstlicher Östrogene kann die Durchlässigkeit der inneren Organe beeinflussen. Das wiederum macht es Bakterien leichter, in die Darmschleimhaut einzudringen und dort Entzündungsreaktionen auszulösen.

Auch das Gestagen Drospirenon soll sich negativ auf die Darmflora auswirken, es kann auch bei der Entstehung des Reizdarmsyndroms mitbeteiligt sein. Als Patientin mit Colitis ulcerosa sollte man mit dem behandelnden Gynäkologen Rücksprache halten und eventuell eine alternative Verhütungsmethode in Erwägung ziehen. Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit und Wirksamkeit der Pille, welche durch bei Colitis ulcerosa auftretende Durchfälle beeinträchtigt werden kann.

Stress, Angst und psychische Leiden als Auslöser eines Schubs

Entgegen früherer Annahmen lösen Stress, Angst oder psychische Traumata die Krankheit Colitis ulcerosa nicht aus. Allerdings hat die psychische Gesundheit Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Auch Trennungsängste und starke Abhängigkeitsverhältnisse kommen bei Colitis ulcerosa-Patienten häufiger vor. Selbstverständlich hat die Krankheit selbst Auswirkungen auf die Psyche. Wer stark unter den Beeinträchtigungen der Krankheit im Alltag leidet, wen die Ungewissheit vor dem nächsten Schub stark belastet oder wer dadurch Probleme im Beruf und/oder der Partnerschaft bekommt, sollte unbedingt psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

Dass Darm und Gehirn in ständiger enger Beziehung zueinanderstehen, ist seit Langem bewiesen. Damit also die Colitis ulcerosa effektiv in Schach gehalten werden kann, ist es wichtig, sich mit der eigenen psychischen Gesundheit auseinanderzusetzen.

Kaiserschnitt-Geburt als späterer Risikofaktor für chronisch entzündliche Darmerkrankungen?

In Österreich kommt mittlerweile jedes dritte Kind per Kaiserschnitt auf die Welt. Die Frage, ob die Art der Geburt und die fehlende Besiedelung durch Keime der mütterlichen Flora Einfluss auf die Entwicklung des kindlichen Immunsystems haben, beschäftigt die Forscher schon seit geraumer Zeit. In den letzten Monaten sind einige Arbeiten veröffentlicht worden, die einen Zusammenhang zwischen einem Kaiserschnitt und dem späteren Risiko für die Entwicklung von Asthma zeigen – so geht man derzeit von einem 20% höheren Asthma-Risiko nach einem Kaiserschnitt aus. Die Datenlage zum Thema Kaiserschnitt und Risiko für chronisch entzündliche Darmerkrankungen ist dagegen noch etwas umstritten: Eine große Studie aus Dänemark an 2 Millionen Kindern die zwischen 1977 und 2012 zur Welt kamen, konnte zeigen, dass der Geburtsweg per Kaiserschnitt das Risiko für chronische Erkrankungen des Immunsystems erhöht und die Kinder neben einem erhöhten Asthma-Risiko auch vermehrt rheumatische Erkrankungen sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen entwickelten. Demgegenüber stehen mehrere kleine Studien, die bislang keinen Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt und M. Crohn oder C. ulcerosa oder nur für den M. Crohn ein erhöhtes Risiko zeigen konnten. Bis zur genauen Klärung dieser Frage bleibt die Entwicklung des kindlichen Immunsystems durch die Interaktion mit den Keimen der Mutter ein sehr spannendes Thema und die zeigt die zunehmende Bedeutung von Bakterien für unser Verständnis zur Krankheitsentstehung bei CED.

Quellen: Huang L et al, J Asthma. 2015 Feb;52(1):16-25); (Sevelsted A. et al. Pediatrics. 2015 Jan;135(1):e92-8.)

Weitere Artikel die Sie interessieren könnten: